Abendzeitung wird 75 Jahre alt

28 75 JAHRE AZ ABENDZEITUNG FREITAG, 16. JUNI 2023 WWW.AZ-MUENCHEN.DE Termin: Traumhochzeit Von Rosemarie Vielreicher Erinnern Sie sich daran, wie Sie als Kind an Weihnachten gefühlt eine Ewigkeit auf die Wohnzimmertür gestarrt haben, bis diese endlich aufging und den Blick auf die Packerl freigegeben hat? So ungefähr müssen Sie es sich am 20. Mai 2023 vorstellen. Alle Köpfe, alle Augen, alle Kameras sind auf die wuchtige Tür der Theatinerkirche gerichtet. Natürlich wartet hier niemand aufs Christkind. Sondern auf Ludwig Prinz von Bayern (40) und seine Liebste Sophie-Alexandra Evekink. Das hat einen gewissen Seltenheitswert. Erstens heiratet der Ururenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III. (hoffentlich) nur einmal im Leben, und zweitens drängt sich der Wittelsbacher sonst nicht ins royale Rampenlicht. Um 5.30 Uhr klingelt an diesem Samstag mein Wecker. Ich, bekennende Langschläferin, bemitleide mich kurz selbst, schlurfe aus dem Bett und werfe mich ins königsblaue Outfit. Kaffee, Powerbank, Akkreditierungsbestätigung und los geht’s. Ab 8 Uhr tigere ich ganz vorne im Pressebereich vor dem Gotteshaus herum. Ich will alles hautnah erleben – von den Outfits der geladenen Gäste bis zu kleinen Pannen und großen Gefühlen – und die Eindrücke zackig in einem Live-Blog teilen. Häppchenweise schicke ich den Kollegen in der Redaktion Informationen, Bilder, Anekdoten durch. Da marschiert zum Beispiel Ministerpräsident Markus Söder am Spalier vorbei, freilich nicht ohne Zwischenstopp: Ein bisserl Plaudern mit der Presse geht immer. Oder Damen mit kreativen Hüten – mein Schmunzel-Favorit: zwei Kreationen mit Papageien-Figuren auf dem Kopf. Ich ratsche mit einem niederländischen Fotografen, der extra nach München angereist ist, weil die Braut niederländischkanadische Wurzeln hat, bin dabei, als Luitpold, der Vater des Bräutigams, vor der Kirche nach seinem Gästeband gefragt wird, und ebenso, als der Wittelsbacher-Chef Herzog Franz (89) glücklich und gelöst für die Fotografen posiert. Genauso schnappe ich, während drinnen die Trauung zelebriert wird, flapsige Kommentare von Passanten auf, wie: „Bei meiner Hochzeit war mehr los“ – was wohl kaum stimmen kann, denn nach der Trauung ist der Platz vor der Kirche voll. Andere Zuschauer sind schlicht verzückt vom Anblick der Braut mit offenen Haaren und darüber ihrem symbolträchtigen Schleier aus der Ukraine. „Sie hat die Sonne mitgebracht“, wird da getuschelt – denn genau in dem Moment, als Sophie-Alexandra erscheint und von Kardinal Reinhard Marx begrüßt wird, blinzelt die Sonne durch die grauen Wolken. Ein Polizist, der kurz in den Gottesdienst reinschauen kann, schwärmt: eine Atmosphäre wie bei Sissi! Wie ich überhaupt zu diesem royalen Termin komme? Adelige finden sich sonst nur bedingt im Ressort Panorama. Ich muss ausholen, denn der Weg führt über meinen Lieblingskontinent Afrika, wo ich selbst vor einigen Jahren als Freiwillige in einer Schule im Einsatz war. Diese intensive, lehrreiche Zeit hat mich nie mehr losgelassen. Der Wittelsbacher Prinz Ludwig von Bayern wiederum engagiert sich seit Jahren in Kenia. Durch die AZ bin ich vor ein paar Jahren über dieses Engagement gestolpert, ich wollte mehr wissen, sein Projekt fernab der Heimat vorstellen. Ich habe ihn dazu interviewt. Einmal, zweimal, dreimal. Er wirkt besonnen, bodenständig, im Mittelpunkt zu stehen liegt ihm fern. Dieses Mal berichte ich also nicht über sein Herzensprojekt Learning Lions, sondern über seine Herzdame. Die er übrigens auch schon in das ostafrikanische Land mitgenommen hat und die bei seinem Spenden-Löwenmarsch durch Bayern mitgehatscht ist. Und damit zurück zum ChristkindlMoment: Wann geht endlich die Tür auf? Werde ich freie Sicht auf den Kuss erwischen, oder wird sich doch noch einer der vielen anderen Fotografen vor mich drängeln? Werden die zwei lange genug posieren? Die royale Aufregung steigt: Die Tür öffnet sich gegen 11.30 Uhr, die zwei schreiten heraus und strahlen, strahlen, strahlen – vom kleinen Schwächeanfall der Braut während des Gottesdienstes ist kein Hauch mehr übrig. Ihr Prinz busselt sie, sie schmiegt sich an ihn, sie winken. Ob adelig oder nicht – hier stehen einfach zwei Menschen mit Herzerln in den Augen. Einmalig! Nun ja, einmalig mal 79. So oft habe ich abgedrückt, um auf jeden Fall den Kuss zu erwischen. Im Foto oben sehen Sie das Ergebnis. Übrigens: Ihren ganz privaten Christkindl-Moment hatten die zwei schon an Heiligabend. Im allerkleinsten Kreis hatten sie Ja gesagt – standesamtlich. Das sei ihnen herzlichst vergönnt, Prinz und Prinzessin Privat. Rosemarie Vielreicher (35) ist seit 2014 bei der Abendzeitung und seither vorwiegend im Ressort Panorama tätig. Prinz Ludwig von Bayern heiratet. Die Reporterin fiebert in Reihe eins dem Kuss-Moment entgegen Der Moment, auf den alle gewartet haben: Das frisch vermählte Paar küsst sich. Die Damen links im Hintergrund verpassen den Moment allesamt. Fotos: Rosemarie Vielreicher Aus allen Bezirken sind Trachtler vor Ort, um das Paar zu feiern. Endlich! Die Tür geht nach der kirchlichen Trauung auf und das Paar schreitet heraus. Im Vordergrund: Kardinal Reinhard Marx. Royale Runde (v. l.): Thomas Greinwald mit seinem Lebensgefährten Franz Herzog von Bayern, Prinz Leopold mit Frau Ursula und Herzog Max. Schloss-Selfie: nach getaner Arbeit in Nymphenburg. 1972 Was haben wir bei Sport-Events nicht schon für idiotische Maskottchen gesehen! Ganz anders Olympia-Waldi: Der steht als Dackel für Münchner Kolorit und als bunter Hund für das Farbenfrohe, Leichte, Heitere der Olympischen Spiele von 1972. Leider verliefen sie nicht so heiter wie geplant. Foto: imago/ Heinz Gebhardt 1973 Auf dem Schwabylon geht die Sonne auf – aber schon bald wird es zappenduster. In das fast fensterlose Gebäude an der Leopoldstraße sollen Hotels und Nachtclubs einziehen, Läden, Galerien, Restaurants, Schwimmbad und Kino. Nur mietet sich kaum jemand ein. Also hat das futuristische Bauwerk gerade mal eine Zukunft bis 1979. Foto: imago/ Sven Simon

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