Abendzeitung wird 75 Jahre alt

12 75 JAHRE AZ ABENDZEITUNG FREITAG, 16. JUNI 2023 WWW.AZ-MUENCHEN.DE Die AZ und Kaffeesatz lesen AZ: Frau Gülbay, seit wann verkaufen Sie hier in ihrem Kiosk in der Liebigstraße die Abendzeitung? AYLIN GÜLBAY: Seit dem 15. Juni 1997. Jeden Tag gehen 15 bis 20 über den Ladentisch, die Abendzeitung ist ein Verkaufsschlager. Eine ältere Dame so um die Achtzig liest die Abendzeitung jeden Tag schon während des Kaufens und erzählt mir alles, was drin steht. Als erstes liest sie die Todesanzeigen, dann den Fußball. Was passiert sonst so in Ihrem Kiosk? Ich habe in 25 Jahren viel erlebt, darunter zwei Sterbefälle. Beide Männer sind einfach tot umgefallen. Aber ich habe auch schöne Sachen erlebt. Zum Beispiel haben sich eine Kundin und ein Kunde hier öfters getroffen – und dann geheiratet. Waren Sie irgendwie daran beteiligt? Er hat mich gefragt, wann sie immer kommt, und kam dann extra wegen ihr. Und weil die Frau und ich Türkinnen sind, habe ich mit ihr Kaffeesatz gelesen und gesagt: Du wirst jemanden kennenlernen. Geschickt eingefädelt. Wie haben die beiden sich dann näher kennengelernt? Er ist Handwerker, sie hat eine Küche gebraucht – dann hat er halt ihre Küche gebaut. Woher wusste er, dass sie eine Küche braucht? Das habe ich ihm gesagt. Und ihr habe ich gesagt, dass ich einen Handwerker kenne. Ich habe ihm dann auch das Wort „Liebe“ auf Türkisch beigebracht, damit er’s ihr gleich sagen kann. Kennen Sie viele Kunden so gut? Ja, ich habe auch viele Wohnungsschlüssel von älteren Leuten – und einem hat das das Leben gerettet. Er kam mindestens jeden zweiten Tag in den Kiosk, doch einmal kam er für vier, fünf Tage nicht. Ich bin zu ihm nach Hause gegangen, da lag er bewusstlos im Bett. Ich habe den Notarzt geholt, und der sagte: Eine halbe Stunde später wäre der Mann tot gewesen. Das ist sechs, sieben Jahre her, er lebt immer noch, und ich habe immer noch seinen Schlüssel. Wie sind Sie dazu gekommen, diesen familiären Kiosk zu betreiben? Ich bin Hotelfachfrau und wollte das nur zwei Jahre machen, bis meine Tochter aus dem Gröbsten raus ist. Inzwischen hat sie ihren eigenen Laden. Aber ich gehe nicht mehr in den Hoteljob zurück. Hier ist’s schöner – mit meinen ganzen Stammkunden. Jetzt ist es gleich 16.15 Uhr, dann kommt der Bernhard, er kommt immer vor seiner Schicht. Da könnte ich die Uhr danach stellen. Ich bin gespannt. (Um Punkt 16.15 Uhr betritt ein Herr den Laden) Schau, da ist er. Hallo, Bernhard! Interview: Dominik Petzold Nicht nur die Reporter erleben viel – sondern auch AZ-Händler wie Aylin Gülbay, die einen belebten Kiosk im Lehel betreibt AZ-INTERVIEW mit Aylin Gülbay Die Münchnerin betreibt einen Kiosk in der Liebigstraße im Lehel Aylin Gülbay in ihrem Kiosk in der Liebigstraße. Foto: Daniel von Loeper 1954 Da geht’s ja zu wie am Stachus: Das geflügelte Wort gilt damals noch mehr als heute, denn vor dem Karlstor sind auch noch Autos und Trambahnen unterwegs, die stangerlgerade in die Neuhauser- und Kaufingerstraße reinfahren. Foto: imago/ Gerhard Leber 1955 Das Glockenspiel auf demMarienplatz fasziniertMenschen zu allen Zeiten, auch Mitte der Fünfziger, als dieses kolorierte Bild entsteht, wird das Spektakel verfolgt, das den Krieg überstanden hat. Foto: imago Das ist uns wichtig: Als Deutschlands erste Gemeinwohl-Bank setzt die Sparda-Bank München eGauf die Stimmen ihrer Mitglieder. Hier zählen nicht Aktionär*innen und Shareholder Value, sondern derWille und dasWohl der Gemeinschaft. So können wir unsere Zukunft menschlicher gestalten und aktiv für die Region eintreten. www.wirtschaft-für-alle.de Arnulfstraße 15 · 80335 München Filialen in München und Oberbayern SpardaService-Telefon: 089 55142-400 NICHT EGAL IST« »WEIL ES UNS ob wir nur Kund*innen oder aktive Mitgestalter*innen sind.

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