Die nachhaltige Abendzeitung

Family Magic Show 1 ALEXANDER KRIST Staunen Sie mit Ihrer ganzen Familie um die Wette in der FAMILY MAGIC SHOW1, denn selbst die Tricks für die Kleinsten können die Großen nicht erklären! Die nächsten Shows: 29.04. & 30.04.2023 im KRISTELLI Theater. Die FAMILY MAGIC SHOW 1 – ein ideales Geschenk für di e ganze Familie! Shows am Samstag & Sonntag In dieser Szene aus Kevin Rittbergers „Der Entrepreneur“ tragen die Darsteller einen Baumstamm auf die Bühne, der aus einem Pilz-Mycel besteht, das langfristig im Theater und in der Industrie den nicht besonders nachhaltigen Werkstoff Styropor ersetzen könnte. Foto: Sandra Then Nachwachsendes Bewusstsein Das europäische Theater hat seinen Ursprung in einem Stadtfest in Athen: den Dionysien. Und Feste können zwar eine nachhaltigeWirkung für den Zusammenhang einer Gesellschaft haben, aber ein nachhaltiger Umgang mit materiellen Ressourcen ist damit – nicht immer – verbunden. Sondern eher die Idee von Verschwendung, wieso Puritanern aller Art das Theater schon immer verdächtig war. „Ich bin selbst lange dem Klischee erlegen, dass das Theater und ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen schlecht zusammenpassen“, sagt Daniel Veldhoen. Er ist als Künstlerischer Direktor der Münchner Kammerspiele für die Planung zuständig. Er ist seit Kurzem „Grüner Botschafter“ des städtischen Hauses. „Theater arbeiten schon jetzt viel nachhaltiger, als Außenstehende glauben“. Die Kammerspiele haben wie das Staatsschauspiel und das Volkstheater die Bühnenbeleuchtung auf LED umgestellt, sie kaufen regional ein. Auf Inlandsflüge wird verzichtet, die Kammerspiele haben Dienstfahrräder und nutzen für kurze Entfernungen auch ein Lastenrad. Das Volkstheater verzichtet auf Plastik, und für das Festival „Radikal jung“ gibt es auch keine Luftballons mehr. Wiederverwertbare Teile der Bühnenbilder abgespielter Inszenierungen werden überall in den Fundus übernommen, Kostüme ebenfalls. Die Kammerspiele und das Volkstheater geben Teile an den Verein „Treibgut“ ab, der sie an die Freie Szene und an Bildungsprojekte weitergibt. Auch das Staatsschauspiel würde sich gerne an diesem Projekt beteiligen, es gibt aber bürokratische Hemmnisse: Hier müssen vor der Abgabe erst andere staatliche Stellen befragt werden, ob sie die Dinge nicht gebrauchen könnten. Der größte Posten sind an allen Häusern die Energiekosten. Das Volkstheater hat als Neubau damit die geringsten Probleme. Die Kammerspiele wurden vor 20 Jahren saniert und verfügen über eine neue Heizungs- und Lüftungsanlage. Trotzdem ist es gelungen, im vergangenen Winter weitere 25 Prozent an Energie zu sparen: Man macht das Licht aus, wenn man einen Raum verlässt, Geräte in den Werkstätten werden nicht mehr im Standby gelassen, sondern ganz abgeschaltet. Das Residenztheater nutzt die ältesten Gebäude, die außerdem drei verschiedenen Ministerien unterstehen. Das macht es schwierig, an Daten zu kommen. Mit den Sparvorgaben des vergangenen Winters hatte das Bayerische Staatsschauspiel allerdings kein Problem: Der Zuschauerraum wurde schon immer nie höher als auf 19 Grad beheizt, ohne dass das jemanden gestört hätte. Wer sich bei den drei großen Münchner Sprechtheatern umhört, vernimmt überall ein wachsendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Am weitesten scheint dabei das Residenztheater zu sein. Das im Marstall uraufgeführte Auftragswerk „Der Entrepreneur“ von Kevin Rittberger beschäftigte sich nicht nur inhaltlich mit dem Konflikt zwischen den Klimazielen und der herrschenden Wirtschaftsordnung. Teile des Bühnenbilds bestanden aus einem biologisch abbaubaren Pilzgeflecht, das in Zusammenarbeit mit der TU Dresden entwickelt wurde und langfristig Styropor ersetzen soll. Dabei gab es einige Rückschläge, weil das Material nicht stabil genug ist, um begehbar zu sein. Aber es besteht die Chance, das Material zu einem Industriebaustoff weiterzuentwickeln. „Nachhaltigkeit ist bei allen jüngeren Ausstattungsteams ein großes Thema“, sagt die Dramaturgin Katrin Michaels. Sie ist – zusammen mit Kollegen und Kolleginnen aus den Werkstätten und der Bühnentechnik – die Nachhaltigkeitsbeauftragte des Staatsschauspiels. In der Produktion „Spitzenreiterinnen“, die Ende Mai nach dem Roman von Jovana Reisinger herauskommt, wird ein Rundhorizont verwendet, den das Theater vom Haus der Kunst übernommen hat. „Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass Nachhaltigkeit nicht zwangsläufig mit einer Einschränkung einhergeht“, sagt Michaels. „Wir hätten uns einen so großen Rundhorizont im Rahmen des Produktionsbudgets gar nicht leisten können.“ Das Bühnenbild der ersten Neuproduktion der kommenden Spielzeit wird überwiegend aus älteren Materialien bestehen. Auch die Kammerspiele statten demnächst eine Inszenierung komplett aus dem Fundus aus. Um nicht immer neue Perücken anfertigen zu müssen, haben die Kammerspiele ihren Bestand digital erfasst. Gleiches soll in Zukunft mit Requisiten geschehen, um überflüssige Käufe bereits vorhandener Gegenstände zu vermeiden. Der generellen Verwendung gebrauchter Materialien stehen allerdings Brandschutzbestimmungen entgegen. Teilweise ist es sehr aufwendig, solche Materialien den Vorschriften entsprechend aufzubereiten. Die Klassiker schweigen zu alledem nicht: Michaels hat bei der Vorbereitung der Produktion „Warten auf Platonow“ entdeckt, wie oft bei Anton Tschechow vom Waldsterben oder von aussterbenden Tierarten die Rede ist. „Ökologie hat dieser Autor schon vor 130 Jahren als moralische Instanz verstanden“, sagt Michaels. Und wenn man im Sommer unter dem heißen Dach des Cuvilliéstheaters probe, wachse durchaus bei allen Beteiligten das Bewusstsein für den Klimawandel. Michaels hält den persönlichen Austausch mit Autoren aus Ländern wie Ruanda oder Indien für bedeutsam, die stärker als Mitteleuropa vom Klimawandel betroffen sind. „Theater kann uns dabei helfen, einen emotionalen Zugang zu diesem Thema zu finden, damit es in uns ankommt und unser Handeln verändert. Dafür ist der internationale Austausch wichtig“, sagt die Dramaturgin. Weshalb Theater zu spielen sicher auf längere Sicht nachhaltiger ist, als durch Nichtspielen Ressourcen einzusparen. Robert Braunmüller Wie sich das Residenztheater und die Kammerspiele um mehr Nachhaltigkeit bemühen Die Dramaturgin Katrin Michaels beschäftigt sich im Residenztheater auch mit Nachhaltigkeit. Foto: privat Daniel Veldhoen ist künstlerischer Direktor und „Grüner Botschafter“ der Münchner Kammerspiele. Foto: Sandra Singh Die Kammerspiele haben 800 Perücken im Fundus, von denen 50 normalerweise im Gebrauch sind. Foto: Kammerspiele KULTUR Nachhaltigkeit im Ägyptischen Museum SEITE 33 31 KULTUR ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG/MONTAG, 29.4./30.4./1.5.2023 WWW.ABENDZEITUNG.DE TELEFON089 23 77-3100 E-MAIL KULTUR@ABENDZEITUNG.DE Eva Karl Faltermeier hat ein Buch geschrieben SEITE 34

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