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ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG/MONTAG, 29.4./30.4./1.5.2023 WWW.ABENDZEITUNG.DE 27 SPORT Servus, Don! Es war einer dieser Tage, an denen die harten Kerle mit der rauen Schale zeigen, wie weich ihr Kern doch sein kann, wie nah am Wasser sie doch manchmal gebaut sind. Der EHC Red Bull München hatte einen Film vorbereitet, eine Reminiszenz an den großen Don Jackson, ein Zusammenschnitt der emotionalsten Momente seiner Trainerkarriere. Der Film lief erst ein paar Sekunden, da standen Jackson schon die Tränen in den Augen. Pressesprecher Emanuel Hugl reichte Taschentücher. Jackson hatte ja die bildliche Gewissheit vor sich: Das war’s, es ist vorbei. Am vergangenen Sonntag beim 3:1 gegen den ERC Ingolstadt, dem Sieg, der den vierten DEL-Titel des EHC ans Oberwiesenfeld brachte, stand er ein letztes Mal als Cheftrainer an der Bande. „Ich wusste, dass die Zeit reif ist“, sagte der 66-Jährige, als er sich wieder einigermaßen gefangen hatte. Doch dann und wann stockte seine Stimme, die Worte des Abschieds wollten nur schwerlich über seine Lippen. Eishockey ist schließlich sein Leben. Erst als erfolgreicher NHLVerteidiger mit zwei StanleyCup-Siegen in den 1980er Jahren bei den Edmonton Oilers an der Seite von „The Great One“ Wayne Gretzky, dann als Coach mit der Bestmarke von neun Meisterschaften in der DEL (fünf mit den Eisbären Berlin, vier in München). Auch EHC-Manager Christian Winkler war angefasst, hatte genauso zu kämpfen, als er mit zittriger Stimme über die neun gemeinsamen Jahre seit 2014 sprach – über die mehr als 3200 Tage der Ära Jackson, über die Triumphe, über den Eishockey-Trainer, über den Menschen Jackson. Schließlich umarmten sich die beiden herzlich, die sich – wie Hugl anmerkte – in all der Zeit häufiger gesehen hätten, als der jeweils andere die eigene Frau. Nun beginnt eine neue Zeitrechnung. Für den erfolgreichsten Coach, den das deutsche Eishockey je gesehen hat – und für den Klub. In einer paar Tagen wird Jackson in die Heimat fliegen, nach Wichita inmitten der USA gelegen zwischen Kansas City und Oklahoma City. „Dann gehe ich mit meinen Enkeln in den Park“, erzählte er und fügte mit einem Lachen an: „Aber erst küsse ich meine Frau Nancy.“ Seine Nancy, die nun endlich viel mehr Zeit mit ihrem Don verbringen kann, als in all den Jahren zuvor. Und Jackson, dem die Familie heilig ist, freut sich sehr darauf, er strahlt quasi aus dem Herzen, wenn er davon spricht: „Ich lebe im letzten Drittel meines Lebens, ich werde mir jetzt die Zeit nehmen, mehr für meine Familie und meine Enkel da zu sein.“ Doch wie sang Trude Herr einst so schön: Niemals geht man so ganz. In Jacksons Fall ist das nicht nur im übertragenen Sinne gemeint, sondern tatsächlich. Die Kompetenz, die Fähigkeiten dieses außergewöhnlichen Trainers, das alles bleibt dem Red-Bull-Kosmos erhalten mittels einer eigens geschaffenen Stelle: Head of Coaching Development. Man könnte auf Deutsch dazu „Trainervater“ sagen, meinte Winkler – quasi der Ratgeber aller Coaches in der Organisation, von der Akademie in Liefering über die Salzburger bis hin zum EHC. „Für uns“, setzte Winkler zur Eloge auf „King Don“ an, „war von Anfang an klar, dass wir den Menschen und die Persönlichkeit Don Jackson bei uns behalten wollen. Es sind nicht nur seine Erfolge, die ihn einzigartig machen. Der Trainer ist Weltklasse, der Mensch noch besser. Er hat sich nie in den Mittelpunkt gestellt und das Fundament für das gelegt, was wir heute sind.“ Dass auf diesem Fundament weiter Erfolg wächst und gedeiht, dafür wird künftig Ex-Bundestrainer Toni Söderholm zuständig sein. Winkler wollte zur Nachfolge am Freitag noch nichts sagen, „heute ist der Tag, Don Jackson zu würdigen.“ Aber wie die AZ schon vor Wochen berichtet hat, soll und wird der Finne dessen Erbe antreten. Anfang der Woche dürften die Münchner Eishackler hierzu offizielle Klarheit schaffen. Söderholm ist sowas wie ein Jackson-Schüler, 2016 war er Meister unter dessen Ägide, danach coachte er Kooperationspartner SC Riessersee. Nach seiner Zeit beimNationalteam und dem fünfmonatigen Intermezzo beim SC Bern kehrt er nun zurück ans Oberwiesenfeld. Die Aufgabe wird kernig, die Fußstapfen sind groß. „Das waren die neun schönsten Jahre, die ich in diesem Klub je erlebt habe“, sagte Winkler noch über die Ära Jackson. Ruben Stark Ein Abschied, der schmerzt, der aber irgendwann kommen musste. Die Gefühle übermannen den erfolgreichsten Coach im deutschen Eishockey als verkündet wird: Jackson beendet die Trainer-Laufbahn Es ist Zeit, zu gehen: Ein letztes, ein neuntes Mal stemmt EHC-Meistertrainer Don Jackson am vergangenen Sonntag den Silberpokal der DEL in die Höhe. Jetzt tritt der 66-Jährige ab. Foto: City-Press/ho ‚‚ Das waren die neun schönsten Jahre in diesem ‘‘ Klub Spielabbruch und Schlägereien Handgemenge? Ja, hat es in der Euroleague schon mal gegeben. Aber das, was sich die Teams von Real Madrid und Partizan Belgrad im zweiten Viertelfinalspiel lieferten, hatte Europas Königsklasse noch nicht gesehen. Massenschlägerei mit 21 Spielern und Funktionären, Spielabbruch! Die Aktion, die zur Eskalation auf dem Court führte, sah frustgeladen aus. Partizan führte 100 Sekunden vor Ende so komfortabel wie überraschend mit 95:80. Da verteidigte der Madrilene Sergio Llull den angreifenden Kevin Punter überhart. Es entzündete sich eine Massenkeilerei. Eine, wie man sie im Basketball davor nur in der NBA gesehen hatte. Man erinnere sich an das Skandalspiel („Malice at the Palace“) zwischen Detroit und Indiana 2004. Auch damals: 15 Punkte Vorsprung, Schlussphase. Da schloss die Prügelei sogar Fans (die mit Becherwürfen der Fidibus gewesen waren) und Klappstühle mit ein. Ja, wie im Wrestling. . . Und auch Real-Forward Guerschon Yabusele musste entweder früher in der Schule den Wahlkurs „Ringen“ mit Diplom in Griechisch-Römisch abgeschlossen haben – oder aber ein großer Fan von Goldberg und dem „Macho Man“ Randy Savage gewesen sein (ganz sicher aber nicht vom Undertaker, denn als „Totengräber“ bezeichnen sich ja die Fans von Partizan). Yabusele schickte den sechs Zentimeter kleineren und 25 Kilo leichteren Dante Exum mit einiger Wucht – patsch – per Wrestling-Wurftechnik aufs Parkett. Eine Art Chokeslam, sagt der Fachjargon, mit Drehtechnik. „Für den Judo-Move müsste er ins Gefängnis, lebenslang gesperrt werden“, beklagte sich PartizanTeamarzt Moma Jakovljevic bei Mozzart Sport. „Exum hätte sich das Rückgrat brechen, seine Karriere vorbei sein können. Ich habe so etwas noch nie in meinem Leben gesehen.“ Exum sei am Fuß „schwer verletzt“, sagte der Doc – doch auf einem Video ist Exum zu sehen, wie er die Krücken bei der Heimkehr kurz nur spazieren trägt. . . Hitzig auch weitere Duelle vor den Augen der Real-Legende Raúl. Ex-Bayern-Star Mathias Lessort riss etwa Dzanan Musa zu Boden. Es hagelte Regelverstöße. Die einen wurden später wegen der Kämpfe bestraft, andere für das Verlassen der Bank. Die Schiedsrichter mussten mangels spielfähiger Teams die Partie 100 Sekunden vor Ende vorzeitig beenden. Partizan reiste als Sieger nach Hause und führt in der Serie gegen Real mit 2:0. Wie groß nun der Heimvorteil in Spiel drei sein wird? Hunderte „Totengräber“ empfingen das Team um sechs Uhr morgens am Flughafen mit Gesängen. . . Weniger freudig die Reaktion in der Euroleague-Zentrale zum Spiel: Die Euroleague „verurteilt die Vorfälle aufs Schärfste“. Die Sünder entschuldigten sich, Partizan-Coach Zeljko Obradovic will die Fans beruhigen (so dass es keinen Fan-Ausschluss braucht). Die Liga ermittelt. . . Die Schlägerei in der NBA 2004, in der neun Spieler für insgesamt 146 Partien gesperrt wurden, veränderte die Liga. So wird etwa an den Kiosken im Schlussviertel kein Alkohol mehr ausgeschenkt. Einer der Heißsporne des „Malice at the Palace“ änderte später seinen Namen von Ron Artest in Metta World Peace (dt.: Bringe der Welt Frieden). Unwahrscheinlich, dass Partizans „Totengräber“ da nachziehen werden. . . wim Bei Partizans Sieg in Madrid liefern sich die Teams kurz vor Ende eine wüste Massenkeilerei Links Ringen, rechts Boxen: Die Euroleague erlebt in Madrid den größten Skandal ihrer Geschichte. Foto: AgenciaLOF/imago SPORT kompakt Bundestrainer Ayadi muss gehen LEICHTATHLETIK Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat auf Anschuldigungen gegen Bundestrainer Pierre Ayadi reagiert und die Zusammenarbeit beendet. „Diese Vorwürfe hat der DLV von einer externen Stelle prüfen lassen“, so der Verband. Aufgrund der Sachlage könnten „keine weiteren Informationen“ abgegeben werden. Ayadi war verantwortlich für den Mittel- und Langstreckenbereich im DLV. Nähere Einzelheiten sind nicht bekannt. EHC: Autokorso und Meisterfeier am Sonntag Am Sonntag lässt der EHC Red Bull München seine Champions hochleben. Die Meisterfeier auf dem Vorplatz des Olympia-Eisstadions beginnt um 14 Uhr. Während die Mannschaft mit einem Autokorso durch die Stadt braust, moderiert Stadionsprecher Stefan Schneider durch ein buntes Rahmenprogramm. Ein Rückblick auf den Titelgewinn und Rekorde, Interviews mit Athleten des RB-Konzerns und Freibier sind angekündigt. Für die kleinen Fans sind Hüpfburgen und eine Schussstation aufgebaut, Maskottchen Mike tollt durch die Zuschauer. Wehmütig-freudig wird es, wenn die Mannschaft um 16.15 Uhr auf der Feier eintrifft und die Bühne betreten. Servus, Don: Der Meistertrainer Don Jackson und einige verdiente Spieler, die den Klub verlassen, nehmen gleichzeitig ja auch ihren Abschied von den EHCFans. Wer sich ein Autogramm oder einen Schnappschuss abholen will, wird ab 17 Uhr glücklich. wim Autogramme und Fotos beim Abschiedsfest zu Ehren der Trainer-Ikone Don Jackson

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