Die nachhaltige Abendzeitung

Über 27 gefährdeten Insektenarten eine friedliche Heimat bieten: Das können nur Bayerische Streuobstwiesen. Honigschlecken für den Artenschutz. Klingt verrückt? Ist besonders! streuobst-blueht.de #DIE BIODIVERSITÄT Streuobst aus Bayern Der Pfannkuchen- und der Prinzenapfel, die Ananas- oder Champagnerrenette, der Rote Bellefleur und der Charlamowsky haben etwas gemeinsam: Die Äpfel mit den klangvollen Namen wachsen auf Bayerns Streuobstwiesen. Sie versprechen ein außergewöhnlich aromatisches Geschmackserlebnis – und halten es auch. Da entfalten sich im Mund feine Zimtaromen oder eine zarte Muskatwürze, oder es schmeckt gar nach Himbeere oder Rose. Jede der etwa 2000 alten Obstsorten, die im Biotop Streuobstwiese wachsen, hat ihre ganz eigene Genussformel und deutlich mehr Nährstoffe als ein Plantagenapfel. Das liegt daran, dass die hochstämmigen Bäume der Streuobstwiese dank der größeren Kronen über eine größere Blattfläche verfügen. Außerdem regulieren die alten Sorten die Zahl ihrer Früchte selbstständig. Je mehr Ressourcen also zur Verfügung stehen, desto mehr Äpfel hängen am Baum – Überbehang ausgeschlossen. Dadurch gelangen mehr wertvolle Inhaltsstoffe in die einzelne Frucht, unter anderem die für die gesundheitsfördernde Wirkung der Äpfel wichtigen Polyphenole. „An apple a day keeps the doctor away“: Frisch vom Baum ist der Streuobst-Apfel ein gesunder Genuss. Aber auch als Direktsaft schonend gepresst, als Saftschorle, Secco, Sekt, Edelbrand oder auch als Essig schmeckt der ungespritzte, erntefrisch verarbeitete Apfel hervorragend. Wer will Äpfel mit Birnen vergleichen? Neben dem liebsten Obst der Deutschen, dem Apfel, baumeln an Bayerns Streuobstbäumen selbstverständlich auch Birnen und Kirschen, seltener Quitten, Renekloden und Walnüsse. Tafelbirnen sind zwar im Anbau sensibler als Äpfel, da sie druckempfindlich sind und leicht verderben. Aber in Sachen Gesundheit und Geschmack stehen sie dem deutschen FruchtLiebling in nichts nach. Tafelbirnen enthalten die Vitamine A, C, E und F, dazu Kalium, Kalzium und Magnesium. Die Kombination von weniger Säure und etwas mehr Zucker lässt Tafelbirnen süßer als Äpfel schmecken. Die robustere Mostbirne ist Grundlage für Säfte, Cidre, Seccos, Sekt sowie Brände und erfreut sich in veredelter Form zunehmender Beliebtheit. Viel kleiner als Äpfel und Birnen, nämlich rund oder herzförmig, sind die Kirschen. Geerntet werden die feinen Früchtchen in sämtlichen Variationen: Gelbe, rote und fast schwarze Sauerkirschen, Sorten mit färbendem oder weißem Saft, und Süßkirschen schmecken frisch sowie als Marmelade, Saft oder Likör. Probierbäume in Bayern Während die Kirschen schon in den Sommermonaten gepflückt wurden, bleiben manche Apfelsorten noch bis Ende Oktober am Baum. Frisch gepflückt schmecken die alten Obstsorten, die weitestgehend ungespritzt und naturbelassen reifen, natürlich extra gut. Wer die oft unbekannten alten Sorten direkt vom Ast probieren möchte, findet in vielen bayerischen Landkreisen Obstbäume mit roten Banderolen oder gelben Bändern: Die Kennzeichnung ist gewissermaßen der Freifahrtschein für unbedenkliches Naschen. Wo Bäume verschiedener Obstsorten einvernehmlich in unregelmäßigen Abständen nebeneinander wachsen und aromatische Früchte tragen, bieten die hohen Stämme am Boden ausreichend Raum für Tiere aller Art – ebenso wie Ausflügler, die Ruhe und Erdung suchen. Hier baumelt nicht nur der Apfel völlig unberührt, sondern auch die Seele. Doch die BilderbuchIdylle ist bedroht: Die ökologisch wertvollen Kulturlandschaften zählen zu den am stärksten gefährdeten Biotopen Mitteleuropas. Sie stehen vielerorts der maschinengerechten Bewirtschaftung oder etwa Bauvorhaben im Weg. Zudem können ihre Eigentümer sie wegen aufwendiger Pflege oft nicht am Leben halten. Heute gibt es nur knapp sechs Millionen Bäume, während es 1965 noch 20 Millionen waren. Mit Aktionen wie das „Gelbe Band“ soll das Bewusstsein für die traditionelle Kulturlandschaft geschärft werden. Denn nur, wer Streuobstwiesen und ihre Produkte kennt, weiß oder lernt sie auch zu schätzen. In vielen Regionen Bayerns laden malerische Genusswanderwege sowie Erlebnis- und Lehrpfade ein. Ein entspannter Ausflug in die Natur lässt sich gerade im Herbst mit einem Besuch eines regionalen Markts oder Fests verbinden. Weitere Informationen: www.streuobst-blueht.de, www.bayern-streuobstpakt.de Vom „Roten Bellefleur“ und „Gelben Band“, von brennenden Bayern und baumelnden Seelen Die Bilderbuch-Idylle ist bedroht: Ökologisch wertvolle Kulturlandschaften zählen zu den am stärksten gefährdeten Biotopen Mitteleuropas. Frisch vom Baum ist der Streuobst-Apfel ein gesunder Genuss. Fotos: StMELF/Stefan Braun Als Essig schmeckt der frisch verarbeitete Apfel hervorragend. ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG/MONTAG, 29.4./30.4./1.5.2023 WWW.ABENDZEITUNG.DE 19 NACHHALTIGE ANZEIGE

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