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12 ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG/MONTAG, 29.4./30.4./1.5.2023 WWW.ABENDZEITUNG.DE POLITIK POLITIK kompakt Nord Stream: Russisches Schiff vor Ort KOPENHAGEN Wenige Tage vor den Nord-StreamExplosionen in der Ostsee hat sich laut dänischem Militär ein russisches Spezialschiff in der Nähe der Detonationsorte befunden. Das dänische Verteidigungskommando bestätigte der Zeitung „Information“, dass ein Patrouillenschiff am 22. September 2022 östlich der Insel Bornholm 26 Bilder von der „SS-750“ gemacht habe. Vier Tage später war es nahe Bornholm zu mehreren Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 gekommen. Die Behörden gehen von Sabotage aus. Wer dafür verantwortlich ist, ist unklar. Heftige Kämpfe im Sudan KHARTUM Trotz der verlängerten Waffenruhe im Sudan sind am Freitag die Kämpfe in dem ostafrikanischen Land fortgesetzt worden. Vor allem aus der westlichen Region Darfur wurden heftige Gefechte gemeldet. Die Ärztevereinigung von Darfur berichtete, dass die paramilitärischen Kämpfer der RSFMiliz in der Regionalhauptstadt Geneina mit „Raketen auf Häuser schießen“. Nach Angaben der Uno werden in Darfur nun Waffen an Zivilisten verteilt. Die Gewalt habe sich nach dem Abzug der Ausländer verstärkt, berichtete die Ärztevereinigung. Demnach kam es zu einem „Massaker“ mit „Dutzenden Toten und Verletzten“. Gegenwind für Wissing BERLINWegen persönlicher Verflechtungen bei der Besetzung eines Spitzenpostens ist Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen unter Druck geraten. Graichen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) laut Ministerium zu Wochenbeginn darüber informiert, dass der neue Geschäftsführer der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (dena), Michael Schäfer, sein Trauzeuge war – Graichen war aber Mitglied einer Findungskommission, die Schäfer für den Posten vorgeschlagen hatte. Nun soll das Verfahren zur Neubesetzung des dena-Postens überprüft und gegebenenfalls neu aufgesetzt werden. Pence sagt gegen Trump aus WASHINGTONDie Ermittlungen gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump im Fall des gewaltsamen Sturms auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 nehmen an Fahrt auf. Am Donnerstag sagte sein ehemaliger Vize, Mike Pence, Medienberichten zufolge zu Trumps Rolle aus. Stundenlang habe Pence als Zeuge in einem Bundesgericht in der Hauptstadt Washington Rede und Antwort gestanden, hieß es. Über die Inhalte seiner Aussage wurde nichts bekannt. Eklat zur Zweiten Stammstrecke MÜNCHEN Einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge hält das bayerische Verkehrsministerium Informationen des Obersten Rechnungshofs zur Kostenexplosion bei der Zweiten Stammstrecke zurück. Die Opposition kritisiert, dass 19 Kapitel für den Untersuchungsausschuss im Landtag nicht einsehbar seien. Aus Sicht von CSU und Freien Wählern unbegründet: Der Ausschuss habe bereits Ende März sein Einverständnis zu „Art und Umfang der Herausgabe“ des Berichts erklärt, hieß es am Freitag in einer Presseerklärung. Generalbundesanwalt ermittelt KARLSRUHE/DUISBURG Nach den zwei schweren Messerattacken in Duisburg innerhalb weniger Tage hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen den 26-jährigen Verdächtigen übernommen. Grund sei die besondere Bedeutung des Falls, sagte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde am Freitag. Es gebe Anhaltspunkte für eine möglicherweise islamistische Tatmotivation. Der mutmaßliche Täter aus Syrien sitzt in Untersuchungshaft und äußert sich bisher nicht zu den Vorwürfen. Nacht des Terrors in der Ukraine KIEWDer ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach den neuen russischen Raketenangriffen in der Nacht auf Freitag von einer „Nacht des Terrors“ gesprochen. „Terroristen haben Zivilisten als Ziel genommen“, sagte er. Zehn Wohngebäude seien in der zentralukrainischen Stadt Uman im Gebiet Tscherkassy getroffen worden. Selenskyj veröffentlichte dazu Fotos von den Zerstörungen in den Sozialen Netzwerken. Ein Wohnblock sei zerstört. Innenminister Ihor Klimenko teilte mit, dass die Zahl der Toten auf zehn gestiegen sei. Angriff auf ein Wohnhaus. Foto: dpa Mike Pence. dpa DER BUNDESPRÄSIDENT SPRICHT MIT INUIT ÜBER GEFAHREN FÜR IHRE HEIMAT Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender sehen sich in Tuktoyaktuk ein Iglu an. Fotos: Britta Pedersen/dpa „Es ist beeindruckend, wie sich die Menschen gegen die Folgen der Erderwärmung wehren“, sagt Steinmeier. Neben ihm: Ehefrau Büdenbender. Klimawandel hautnah: Steinmeier in der Arktis ment, mit welchem Ehrgeiz die Menschen sich wehren gegen die Folgen der Erderwärmung.“ Wie sehr sie für den Schutz der Natur kämpften. „Und wie sehr sie auch darum bitten, dass der Kampf gegen den Klimawandel in dieser unwirtlichen Gegend nicht allein ihnen überlassen wird, sondern dass das eine Aufgabe der ganzen Weltgemeinschaft wird.“ Auch eine Aufgabe Deutschlands, wie die Meeresforscherin Boetius deutlich macht. Denn: „Wenn das Meereis schwindet und der arktische Raum sich erwärmt, hat das auch auf unsere Wettersituation und auf die Extreme, die wir merken, erhebliche Wirkungen.“ Zum Beispiel in Form von extrem späten und harten Nachtfrösten, die zum Ausfall von Ernten führen. „Was in der Arktis geschieht, bleibt dort nicht, sondern betrifft auch unser Leben“, sagt Boetius. Der Klimawandel in der Arktis bedroht auch die jahrhundertelangen Traditionen der Inuit, zu denen etwa das Eisangeln gehört. Darin darf sich zum Abschluss seiner Reise auch Steinmeier versuchen. Allerdings mit wenig Erfolg. Als er die Schnur aus dem Bohrloch im Eis zieht, zappelt daran: kein Fisch. Ulrich Steinkohl Die Professorin begleitet Steinmeier. Sie ist die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, das seit Jahrzehnten Polarund Meeresforschung betreibt. Für den Permafrostboden bedeutet diese Entwicklung, „dass das, was seit Jahrtausenden verlässlicher harter Untergrund ist, sich in Schlammmassen verwandelt“. Die Folge: Bisher auf sicherem Grund stehende Häuser und Straßen sinken ab, werden unbewohnbar und unbefahrbar. Die Küste erodiert. Dies hat, so erklärt Boetius, noch eine weitere Ursache: den Rückgang des Meereises. „Dort, wo große Flächen des Ozeans eisfrei werden, hat der Wind eine Chance, starke Wellen aufzubauen. Und wenn Wellen gegen das Land klatschen, das ohnehin geschwächt ist, dann gibt es richtig schnelle Erosion“, sagt die Wissenschaftlerin.“ Jedes Jahr frisst sich das Meer so meterweise in das schutzlose Land hinein. Gut 900 Inuit wohnen in Tuk, wie die Siedlung kurz genannt wird. Sie leben zumeist vom Fischfang und von der Jagd. Steinmeier zeigt sich nach dem Gespräch im Gemeindesaal beeindruckt. „Es ist unglaublich, mit welcher Mühe, mit welchem Engagesiert Menschen, die selbst gar nichts zum Klimawandel beitragen. Im Gemeindesaal erläutert Bürgermeister Erwin Elias den deutschen Gästen kurz nach der Landung, was das für seinen Ort konkret heißt. Er wirft Fotos, Diagramme und Karten auf eine Leinwand. Zu sehen sind Häuser, die bei einem Sturm im aufgepeitschten arktischen Ozean zu stehen scheinen, der eigentlich zugefroren sein sollte. Elias trägt Berechnungen vor, wie die Halbinsel schrumpfen dürfte, wenn nicht gegengesteuert wird. Und er berichtet von der langwierigen Umsiedlung von Häusern. „Die eisige Schönheit, die wir hier sehen, ist bedroht“, bringt Steinmeier es später auf den Punkt. In etwa 50 Jahren werde es große Teile dieses Ortes nicht mehr geben. Woran das liegt? „Die arktische Region ist die, die sich auf der Erde am schnellsten erwärmt. Wir sprechen da von einer viermal schnelleren Erwärmung als der globale Durchschnitt in den vergangenen 40 Jahren“, erläutert Antje Boetius. Es ist ein weiter Weg, den Frank-Walter Steinmeier auf sich nimmt. Zweieinhalb Stunden lang fliegt der Luftwaffen-Airbus mit dem Bundespräsidenten an Bord von Vancouver aus nach Yellowknife, der Hauptstadt der Nordwest-Territorien Kanadas. Mit einer kleineren Propellermaschine geht es dann fast drei Stunden weiter nach Norden über den Polarkreis hinaus bis nach Tuktoyaktuk. Als Steinmeier und seine Delegation dort aus dem Flugzeug steigen, bläst ihnen ein eisiger Wind Schneeflocken ins Gesicht. Steinmeier beendet seinen viertägigen Kanada-Besuch im hohen Norden, weil ihn seine Gastgeberin, Generalgouverneurin Mary Simon, die Vertreterin von König Charles als Staatsoberhaupt, in ihre Heimat eingeladen hat. Während zuvor viel von den guten deutsch-kanadischen Beziehungen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Rede war, geht es jetzt um ein ganz anderes Thema: den Klimawandel. Doch warum soll man dafür hier hoch in diese Einsamkeit aus Eis und Schnee kommen, in der die verstreuten kleinen blauen, braunen und beigen Häuser der Siedlung fast wie Fremdkörper wirken? Simon hat darauf eine einfache Antwort: Weil sich hier die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf Menschen, ihre Gemeinschaften, ihren Lebensstil beobachten lassen. Und zwar schon jetzt. „Es ist nicht theoretisch. Es passiert nicht in der Zukunft. Es passiert heute.“ Simon könnte auch noch sagen: Und es pasZum Abschluss seines Kanada-Besuchs fliegt der Bundespräsident in den eisigen Norden des Landes. Hier zeigen sich die Folgen der Erderwärmung bereits drastisch. Das hat auch für uns Konsequenzen ‚‚ Was hier geschieht, betrifft ‘‘ auch unser Leben

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